Gepflasterte Straßen, unzählige Cafés und große Plätze. Das ist Vilnius. Und die vielen Kirchen natürlich. Der Reiseführer hat uns schon angekündigt, das Vilnius eine enorme Kirchendichte hat. Ich stehe auf dem Gediminasberg und schaue auf die Altstadt von Vilnius. Was für ein Ausblick!
Ich bin seit wenigen Stunden in der Stadt. Ich kam mit dem Zug aus Klaipedia, der Hauptbahnhof liegt nur wenige Taximinuten entfernt von meinem Hotel, den Vilvulksi Apartments. Von dort sind es nur wenige Minuten bis in die Stadt. Ich lasse mich treiben, trinke Kaffee im Schatten einer Kirche und erreiche schließlich den Gediminasberg. Ich habe die Wahl zwischen hinauflaufen oder hinauffahren, denn schließlich gibt es eine kleine Standseilbahn. Oben angekommen staune ich nicht schlecht: Kirchen, viele Kirchen.
Und das mit den Kirchen ist auch so eine Sache. Die Kirchen sind von außen so schön wie von innen. Welcher Konfession sie angehören sieht man nur in der Kirche. Da gibt es evangelische Kirchen, orthodoxe Kirchen und viele katholische Kirchen.
Das Restaurant Saint German entdecken wir zufällig am Ende einer Sackgasse und so wie es aussieht, gehört es ganz klar zu den ersten Restaurants am Platz, denn Preise und Service sprechen ihre eigene Sprache. Kaum Platz genommen bietet sich ein Festival für den Gaumen: Als Vorspeise serviert das Restaurant kleine Brötchen und in einer extra Schüssel gibt es eingelegte Oliven und zu Kugeln geformte Kräuterbutter. Als Hauptgericht entscheiden wir uns für Pasta mit Lahm und Pilzen. Und die besondere Freude kommt am Schluss mit der Rechnung, ich zahle inklusiv Getränk weniger als 20 Euro.
Eine besondere Sehenswürdigkeit fehlt noch: das Tor der Morgenröte. Es ist das letzte erhaltene Stadttor von Vilnius. Vom Restaurant sind es nur wenige Schritte. Das Tor der Morgenröte erreiche ich mit der Abendröte, die letzten Sonnenstrahlen erleuchten gerade noch die Torspitze. Von der Altstadt betrachtet, ist es opulent gebaut. Von außen dagegen sind es nur ein paar Steine. Das hat seinen Grund: Die Altstadt sollte früher „unattraktiv“ wirken, so das potenziele Angreifer einfach vorbeiziehen.
Wir gehen durch ein Haustor, dahinter eröffnet sich die nächste Schlemmeroase: ein Weinlokal, ein Pub und eine Bar sind dort untergekommen. Es muss schon viel Pech dabei sein, in Vilnius auf keine Kneipe, keinen Club oder keine Bar zu stoßen. Es gibt nämlich mehr als genug davon. Die Kerze auf dem Tisch brennt in einer Weinflasche herunter, die Stimmung ist gut. So wie in allen anderen Kneipen, Bars und Clubs dieser Stadt.
Durch ein nächtliches Vilnius laufen wir zurück zum Hotel. Wir sind heute viel gelaufen, die Nacht ist trotz geöffnetem Fenster totenstill. Den nächsten Morgen beginnen wir mit einem Frühstück, ich entscheide mich für ein süßes Frühstück mit Pfannkuchen und Erdbeeren. Wir müssen uns stärken, heute wollen wir auf einen Berg klettern. Gestern haben wir auf dem Gediminosberg aus weiße Kreuz auf einem Berg links von uns entdeckt, da wollen wir heute hin.
Der Weg nach oben ist ein Trampelpfad quer durch einen Wald, ich bin heilfroh, meine Wanderschuhe angezogen zu haben! Aber der Blick oben entschädigt für den Weg, Vilnius liegt uns zu Füßen. Und so stehen wir vor den drei Kreuzen und suchen die Kirche, in deren Schatten wir gestern Kaffee getrunken haben. Aber unter den vielen Kirchtürmen können wir sie einfach nicht finden. Genauso wenig wie alle anderen Kirchen, an denen wir uns in Vilnius orientiert haben.
Wir wollen zurück in die Altstadt und steigen herab, allerdings auf der anderen Seite des Berges. Der Abstieg ist kurios, der alten Holztreppe fehlt hin und wieder eine Stufe, manchmal fehlen auch zwei Stufen. Aber wer fällt, landet weich, denn unten wartet erst ein Sandstrand und dann die Vilna. Ein kleiner Fluss der Vilnius erst seinen Namen gab. Auf der anderen Seite des Berges mündet er in die Neris. Wir wandern gegen die Strömung der Vilna durch den Wald, kommen an der Kunstakademie vorbei und sind schließlich in der Altstadt. Je weiter weg wir von den Kreuzen und dem Gediminasberg kommen, desto weniger touristisch wird die Stadt.
Mein Mittagessen ist wieder ein süßes Gericht, das Tiramisu ist köstlich! Im Cafe nebenan steht ein Klavier, ein Mann setzt sich hin und fängt zu spielen an. Keine fünf Minuten nach dem Auftakt stehen die Ersten auf ihren Balkonen, kommt der erste Applaus auf. Erst spärlich, nach einigen Titeln später immer kräftiger. Das Klavier gehört zum Café nebenan, ob die Bevölkerung solche Aufführungen gewöhnt ist? Jetzt macht sich doch sehr merklich ein mediterranes Feeling in uns breit, und das obwohl wir im Baltikum sind…
Das mediterrane Feeling erreicht uns wieder am Abend, als wir im Hinterhof eines Museums sitzen. Abends wird der Hof zur Bar und obwohl Montagabend ist, sitzt hier alles voll. Zwei Studentinnen am Nachbartisch verraten uns, dass das Wetter zum ersten Mal seit Wochen wieder gut ist und bald wieder schlecht wird. Das wollen die Litauer doch ausnutzen. Da haben wir mit dem Wetter wohl Glück gehabt, an unserem letzen Abend.
Am nächsten Morgen verzichten wir auf ein Frühstück und fahren mit dem Taxi zum Flughafen. Wir heben überpünktlich um sieben ab und werfen einen letzten Blick auf die vielen, vielen Kirchen von Vilnius. Und dort unten, denke ich, da war ich mittendrin. Und das sicher nicht zum letzten Mal.
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